Was ist Lokales Kapital für soziale Zwecke?
Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugendliche hat im Zeitraum 2003 bis 2008 mit dem Förderprogramm „Lokales Kapital für soziale Zwecke“ am Arbeitsmarkt benachteiligte Randgruppen sozial gefördert. Die dafür eingesetzten, finanziellen Mittel stammten aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF), rund 111,8 Millionen Euro wurden eingesetzt.
Personenkreis
Zu den Randgruppen gehörten vor allem Jugendliche mit sozialer Benachteiligung, behinderte Personen, Aussiedler, Migranten, ältere Arbeitnehmer. Außerdem Berufsrückkehrer und Wiedereinsteiger, Langzeit-Arbeitslose, Menschen ohne Wohnung, Suchtmittelabhängige und straffällig gewordene Menschen. In 2003 wurden Mikroprojekte in Landkreisen und Kommunen unterstützt, die durch das Hochwasser im Sommer 2002 besonders betroffen waren. Im Zeitraum bis zum 30. Juni 2008 wurden Kleinstvorhaben von Gruppen, die zu den Förderungsbereichen „Soziale Stadt“ oder „Entwicklung und Chancen junger Menschen in sozialen Brennpunkten“ gehören, gefördert.
Erfolg
Ziel der Förderung war es, soziale und beschäftigungswirksame Programme direkt vor Ort, in den bedürftigen Regionen durchzuführen. Diese sollten für eine schnelle und wenig bürokratische Hilfestellung für soziale Randgruppen sorgen. Das Programm verlief außerordentlich erfolgreich, der Abschlussbericht über die Maßnahme zeigt die positiven Ergebnisse auf. Mehr als 440.000 Personen wurden mit der Maßnahme erreicht, 25.000 Personen verschaffte das Programm eine Arbeits- oder Ausbildungsstelle. 12.000 Projekte wurden durchgeführt, 333.000 Personen wurden für eine Beschäftigung am Arbeitsmarkt besser qualifiziert.
Fortführung der Förderungsmaßnahme
Zum 01. Dezember 2008 startete das Folgeprogramm „Lokales Kapital für soziale Zwecke“, drei Jahre soll es dauern. Im Gegensatz zum ersten Teil der Maßnahme bis 2008, wird die Bindung an die Förderung bestimmter Stadtteile erweitert, auf die Förderung von Landkreisen. Das Zielgebiet „Konvergenz“ erhält größeren Stellenwert. Lediglich im Bereich „regionale Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung“ bleibt die stadtteilbezogene Förderung bestehen. Der Schwerpunkt der neuen Fördermaßnahme liegt zunächst bei der Förderung von Jugendlichen mit erschwerten Startbedingungen, Ziel ist die „soziale, schulische und berufliche Integration“. Außerdem gehören Frauen beim Wiedereinstieg in den Beruf zum begünstigten Personenkreis.
Organisation
Das Programm soll auf einer niedrigschwelligen Ebene umgesetzt werden, vor allem Personenkreise, die durch eine Regelförderung nicht erreichbar sind, sollen Unterstützung finden. Besonderer Stellenwert kommt dabei bereits bestehenden Fördermaßnahmen zu, beispielsweise Bundes- oder Länderprogrammen und kommunalen Angeboten. Sie können durch das Programm ergänzt und/oder erweitert werden. Die Durchführung der Maßnahme wird in den ausgesuchten Gebieten, dezentral und lokal vorgenommen. Koordinierungsstellen am Ort und lokale Netzwerke sorgen für die organisatorische Abwicklung. Ein Begleitausschuss vor Ort, in dem sich alle Beteiligten einbringen sollten, wählt die Mikroprojekte für eine Förderung aus. Dann stellen die dazugehörigen Personen einen „Lokalen Aktionsplan“ auf, an dem sich der weitere Ablauf orientiert. Dadurch können die Maßnahmen sehr exakt an die Erfordernisse angepasst werden.
Lokales Kapital für soziale Zwecke: Projekttypen
Für die Förderung kommen bestimmte Projekttypen infrage.
1- Einzelne Aktionen zur Förderung der beruflichen Eingliederung
1.1 Die berufliche Qualifizierung der Zielgruppen wird durch bestimmte Projekttypen unterstützt.
– Projekte zur Verbesserung des Wohnraumumfeldes dienen dazu, den Beteiligten mehr positiven Bezug zu ihrem Umfeld und damit mehr Selbstvertrauen zu verschaffen.
– Gemeindenahe Dienstleistungen wären beispielsweise Projekte, die professionell Umzüge, Transporte und Haushaltsauflösungen durchführen. Sie sorgen für die Ausübung von sinnvollen Tätigkeiten vor dem Hintergrund der „gesunden“ Sozialisation betroffener Personen.
– Ein Projekt im Bereich lokaler Kultur könnte zum Beispiel der Betrieb eines Kulturzentrums für Jugendliche sein. Mit selbstgeschaffenen Mitteln, wie etwa die Instandsetzung alter ungenutzter Räumlichkeiten, die zu diesem Zweck überlassen werden, können Jugendliche sich einen eigenen Raum schaffen. Dort können Kultur- und Bildungsprojekte umgesetzt werden.
– Projekte im Bereich Naherholung/Tourismus können zum Beispiel die Reinigung und Verschönerung von Grünanlagen sein. Auch der Betrieb eines örtlichen Fahrradverleihs, eines Kanu-Verleihs am See oder der Betrieb eines Cafès am Park wäre möglich.
– Projekte zur Sanierung und/oder Pflege der lokalen Umwelt können Stadtreinigungs-Maßnahmen sein, die künstlerische Gestaltung von Mauerflächen, Bepflanzung von öden Bereichen mit Blumen, Kunst- oder Licht-Objekte.
1.2 Integrationsprojekte für besonders benachteiligte Migranten/innen können einerseits die Verbesserung der Sprachkenntnisse und die Förderung der Lernfähigkeit sein. Andererseits dienen auch soziale Veranstaltungen mit der gezielten Zusammenführung von Migranten/innen und den einheimischen Bewohnern des Landes (beispielsweise gemeinsame Kochkurse) der Annäherung.
1.3 Der frühzeitige Abbruch der Schullaufbahn kommt bei benachteiligten Jugendlichen häufig vor. Maßnahmen könnten gezielter Förderunterricht in Verbindung mit allgemeiner Stärkung des Selbstvertrauens (beispielsweise durch sportliches Training) sein.
1.4 Spezielle Maßnahmen zur Förderung von Toleranz und Demokratie können durch Projekte getroffen werden, bei denen gemeinsame Aktionen mit einem Feedback verbunden werden. Gegenseitige Korrekturen durch Kommunikation in der Gruppe können nützlich sein, um soziales Verhalten zu erlernen und zu kultivieren.
2 – Unterstützung von Organisationen und Netzen, die sich für benachteiligte Menschen am Arbeitsmarkt einsetzen
2.1 Durch die Unterstützung der Aktivitäten lokaler Vereine können bereits bestehende Beziehungen verstärkt werden (beispielsweise Mentaltraining „positives Denken“ für Mitglieder eines Fußballvereins).
2.2 Die Hilfestellung zur Gründung oder Festigung lokaler Netzwerke sorgt für verbesserte Zusammenarbeit einzelner Institutionen. Erweiterter Informationsaustausch (für mehr Transparenz), Abstimmung von Terminen und Aktionen und vertrauensbildende Maßnahmen durch Begegnungen und gemeinsame Planungen sind von Nutzen.
2.3 Insbesondere Maßnahmen, die zur Gründung, Festigung und auch etwa zur Professionalisierung von Selbsthilfegruppen benachteiligter Menschen führen, dienen dem Prinzip „Hilfe zur Selbsthilfe“.
2.4 Der Zusammenschluss von Langzeitarbeitslosen dient der gegenseitigen Motivation und Unterstützung sowie der Stärkung des Selbstvertrauens. Durch gemeinsame Projekte finden die Beteiligten wieder „Sinn“ in ihrem Leben.
2.5 Die betriebswirtschaftliche Weiterbildung bei lokalen Kleinstprojekten verschafft den Beteiligten die Selbstständigkeit, ihre Angelegenheiten zu verstehen und entsprechend auch handhaben zu können. (Beispielsweise Buchführung, Steuerlehre, kaufmännisches Rechnen und Grundbegriffe des Marketings können hilfreiche Lehrinhalte sein).
2.6 Die Unterstützung von Organisationen zur Förderung von Toleranz und Demokratie kann auf einem einfachen Level beginnen (beispielsweise Förderung von Sportmaßnahmen, wie Mannschaftssport, Selbstverteidigung, allgemeines Fitnesstraining). Sie kann ausgedehnt werden auf spezifische Gruppenprojekte, die Teamfähigkeit und soziale Kompetenz gezielt stärken (beispielsweise der Bau eines Skateboard-/ BMX-Parcours für die Gemeinschaft und dessen Instandhaltung).
3- Die Unterstützung bei der Existenzgründung und der Gründung von sozialen Betrieben dient dazu, solide Fundamente für selbstverwaltete Projekte zu schaffen. Durch die Gewährung von finanziellen Mitteln als Startkapital und die Vermittlung des entsprechenden Know-Hows können unabhängige und neuartige Projekte realisiert werden.
Lokales Kapital für soziale Zwecke: Zielgruppen
Zu den Zielgruppen gehören verschiedene Personenkreise.
1 – Natürliche Personen
1.1 Eine Förderung können Existenzgründer/innen oder Personen, die vor kurzer Zeit erst ihr Unternehmen gegründet haben, beantragen.
1.2 Insbesondere Arbeitslose, Langzeitarbeitslose (mehr als 1 Jahr), Ausbildungsplatz-Suchende, Schulabgänger/innen und Berufs-Rückkehrer/innen, Wiedereinsteiger/innen gehören zur Zielgruppe des Programms.
Das können sein:
- Personen, die in ihren gelernten Beruf zurückkehren oder generell wieder in das Berufsleben eintreten.
- Hochschulabsolventen, die über keine Berufserfahrung verfügen.
- Arbeitslose, die kurzfristig arbeitslos wurden
- Langzeitarbeitslose, mit einer Arbeitslosigkeit von mehr als einem Jahr
- Arbeitslose Akademiker/innen, arbeitslose Hochschulabsolventen, die bereits Berufserfahrung haben
- Ausländer, Einwanderer aus Ländern außerhalb Deutschlands
- Aussiedler/innen, deutschstämmige, umgesiedelte Personen
- Sozialhilfeempfänger/innen, Personen, deren Lebensunterhalt von Hartz IV gedeckt werden muss
- Strafentlassene /-gefangene, Menschen, die aufgrund strafrechtlicher Vergehen bereits im Strafverzug waren oder noch im Strafvollzug sind
- Behinderte, Menschen mit körperlichen und/oder geistigen Handicaps
- Suchtmittelabhängige, Personen, die an körperlicher und/oder psychischer Suchtmittelabhängigkeit erkrankt sind
- Jugendliche ohne Hauptschulabschluss, Jugendliche, die nicht die Regelschulpflicht absolviert haben
Schulabbrecher/innen, Jugendliche, die die Schule ohne offiziellen Abschluss verlassen haben - Lehrstellenbewerber/innen, Personen, die sich für einen Ausbildungsplatz bewerben
- Ausbildungsabbrecherinnen, Personen die eine Ausbildung ohne Abschluss abgebrochen haben
- Alleinerziehende, Personen die alleinige Erziehungsberechtigte für ein Kind oder mehrere Kinder sind
1.3 Beschäftigte / Erwerbstätige / betriebliche Ausbilder/innen, Personen, die im Erwerbsleben stehen und /oder andere Personen ausbilden
1.4 Studenten/innen, Absolventen der Meisterschule, Personen, die den Abschluss ihrer aktuellen Ausbildung noch zu absolvieren haben
1.5 Außerbetriebliche Ausbilder/innen, Personen, die andere in Bildungsinstitutionen ausbilden
1.6 Lehrer/innen, Personen, die andere an Schulen unterrichten
1.7 Hochschulmitarbeiter/innen, Personen, die an wissenschaftlichen Instituten tätig sind
1.8 Multiplikator(Inn)en, Weiterbildungs-Verantwortliche, Gründungsberater
1.9 Sonstige Personen Schüler/innen, Erziehungsberechtigte
1.10 Ehrenamtlich Tätige, Personen die eine Arbeit unentgeltlich verrichten
2. Organisationen
2.1 Unternehmen, Betriebe, privat organisierte Geschäftsbetriebe
2.2 Hochschulen, Forschungseinrichtungen, staatlich organisierte Betriebe
2.3 Sonstige Institutionen / Organisationen